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9.8.2025
Privatstiftung

Die österreichische Privatstiftung im Überblick

1. Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für Privatstiftungen ist das Privatstiftungsgesetz (PSG) 1993. Dieses wurde seit seiner Erlassung im Jahr 1993 acht Mal novelliert. Die steuerlichen Vorschriften für Privatstiftungen wurden sogar mehr als 30 Mal geändert. 

2. Rechtsnatur der Privatstiftung

Die Privatstiftung ist als juristische Person rechtlich verselbständigt. Sie ist eine eigentümerlose juristische Person. Ihr Vermögen ist rechtlich getrennt von jenem des Stifters bzw, wenn es mehrere Stifter gibt, der Stifter1. Die Privatstiftung kann Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Die Privatstiftung kann also insbesondere Vermögen – wie zum Beispiel Geld, Wertpapiere, Beteiligungen an Gesellschaften2, Liegenschaften oder Kunstwerke – erwerben, Verträge schließen und Verbindlichkeiten eingehen. Anteilsrechte an der Stiftung können nicht ausgegeben werden. Auch die Veräußerung der Begünstigtenstellung ist nicht möglich.

3. Stiftungskapital

Anlässlich der Gründung müssen der oder die Stifter der Privatstiftung ein Vermögen von mindestens € 70.000,00 widmen. Wird das Vermögen nicht in Geld (€), sondern durch Sachvermögen (Sacheinlagen) aufgebracht, so hat eine Gründungsprüfung zu erfolgen. Zusätzliches Vermögen kann in einer Stiftungszusatzurkunde, später auch durch Nachstiftung seitens der Stifter oder durch Zustiftung seitens anderer Personen erfolgen. 

4. Zwecke der Stiftung

Wesentlicher Zweck einer Stiftung ist es meist, die Teilung des Vermögens, wie sie bei Erbgängen oft unvermeidlich ist, zu verhindern, deren Vermögen langfristig zusammenzuhalten und zu sichern, zu vermehren, aber auch durch Geld- oder Sachzuwendungen („Zuwendungen“) an die Begünstigten (Destinatäre) deren Versorgung (Unterhalt) sicherzustellen, gegebenenfalls auch mehr an die Begünstigten auszuzahlen. 

Zuwendungen von Vermögen der Stifter an die Privatstiftung stellen eine unentgeltliche Vermögensübertragung (Schenkung) dar3; das gilt auch im erbrechtlichen Kontext. Die Einräumung einer Begünstigtenstellung an einen gesetzlichen Erben des/der Stifter(s) ist für Pflichtteilsansprüche des Betreffenden selbst, aber auch für jene der anderen gesetzlichen Erben relevant4

Bei gemeinnützigen Privatstiftungen besteht der Zweck in gemeinnützigen Zielsetzungen, etwa die finanzielle Unterstützung karitativer Einrichtungen, der Forschung oder bestimmter Aktivitäten, die der Allgemeinheit dienen oder im öffentlichen Interesse liegen. 

5. Stifter

Die Privatstiftung kann eine, zwei oder mehrere Stifter haben. Stifter können in- und ausländische natürliche Personen, Personengesellschaften oder juristische Personen sein. Mit Entstehung der Stiftung verliert der Stifter den Zugriff auf das Stiftungsvermögen5 und hat auch in der Eigenschaft als Stifter keine Kontrollrechte mehr, sofern die Stiftungsurkunde solche nicht vorsieht6.

6. Stiftungsurkunden

Der/die Stifter hat/haben eine Stiftungserklärung („Stiftungsurkunde“) zu errichten. Wenn Stifter in der Stiftungsurkunde die Angabe machen, dass eine Stiftungszusatzurkunde errichtet ist oder errichtet werden kann, so können bestimmte Regelungen in der Zusatzurkunde beurkundet werden. Mindestinhalt der Stiftungserklärung ist u.a. neben der Angabe von Namen und Sitz der Stiftung, der Widmung des Vermögens (mindestens im Betrag von € 70.000,00), der Stiftungszweck, die Bezeichnung der Begünstigten und Letztbegünstigten oder die Angabe jener Stelle, die den oder die Begünstigten festzustellen hat; ferner die Angabe, ob die Stiftung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit errichtet wird. 

Die Stiftungserklärung kann darüber hinaus (muss aber nicht) insbesondere Regelungen über die Bestellung, Abberufung, Funktionsdauer und Vertretungsbefugnis des Vorstands, des Stiftungsprüfers, eines Aufsichtsrats und weiterer Organe (wie zB eines Beirats) zur Wahrung des Stiftungszwecks enthalten. Ferner können sich der oder die Stifter in der Stiftungsurkunde die Änderung der Stiftungserklärung und den Widerruf der Stiftung vorbehalten; ohne diesen Vorbehalt kann der Stifter künftig die Stiftungsurkunden grundsätzlich weder abändern noch die Stiftung widerrufen. 

Stiftungszusatzurkunde: Die Stifter können in der Stiftungszusatzurkunde Regelungen über die Vergütung der Stiftungsorgane, nähere Bestimmungen der Begünstigten oder weiterer Begünstigter, die Festlegung eines Mindestvermögensstandes, der durch Zuwendungen an Begünstigte nicht geschmälert werden darf, die Bestimmung von Letztbegünstigten, Regelungen über die innere Ordnung von kollegialen Stiftungsorganen sowie die Widmung und Angabe eines weiteren, das Mindestvermögen übersteigenden Stiftungsvermögens enthalten7. Regelungen, die zulässigerweise nur in der Stiftungsurkunde getroffen werden können, sind, wenn sie in die Stiftungszusatzurkunde aufgenommen werden, nichtig8. Stiftungszusatzurkunden sind dem Firmenbuchgericht grds nicht vorzulegen. 

7. Vorbehalt des Änderungsrechts

Stifter können sich in der Stiftungsurkunde die (künftige) Änderung der Stiftungsurkunden – umfassend (insbesondere was den Zweck der Stiftung, die Auswahl der Begünstigten und alle sonstigen Regelungen betrifft) oder auch nur für Teilbereiche (etwa in Bezug auf die Organisation des Stiftungsvorstandes, des Beirates und der Begünstigtenversammlung) – vorbehalten.

Aus diesem Grund – um das Änderungsrecht möglichst lange aufrecht zu erhalten – ziehen Stifter bei Gründung der Stiftung vielfach auch ihre Kinder oder eine juristische Person, wie z.B. eine GmbH, AG, eine ausländische Stiftung oder Anstalt als Mitstifter bei. Durch Übertragung/ Vererbung der Anteilsrechte an der Mitstifter-GmbH/AG kann das Änderungsrecht demjenigen, der die Anteilsrechte erhält, de facto überlassen werden. 

Zwei oder mehrere Stifter können das ihnen vorbehaltene Änderungsrecht grds nur gemeinsam ausüben, sofern sie dies in der Stiftungsurkunde nicht anders regeln (§ 3 Abs 2 PSG). 

8. Vorbehalt des Widerrufsrechts

Stifter, die natürliche Personen sind, können sich in der Stiftungsurkunde das Recht zum Widerruf der Stiftung vorbehalten. Juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften können sich ein Widerrufsrecht nicht vorbehalten. Sind zwei oder mehrere widerrufsberechtigte Mitstifter vorhanden, so muss der Widerruf grds durch alle Widerrufsberechtigten einstimmig in Notariatsaktform erklärt werden. Die Stiftungsurkunde kann das auch anders regeln (zum Beispiel der Hauptstifter ist zum Widerruf allein berechtigt; die Nebenstifter nicht, solange der Hauptstifter lebt; oder zB durch Mehrheitsbeschluss der Stifter).

Der Widerruf hat zur Konsequenz, dass der Vorstand die Auflösung der Stiftung beschließen muss und die Stiftung abzuwickeln ist (einschließlich Versteuerung stiller Reserven). Das verbleibende Vermögen ist grundsätzlich an den/die Letztbegünstigten zu übertragen ist9

9. Dauer der Stiftung

Die Dauer der Stiftung ist in der Stiftungsurkunde zu regeln. Die Stiftung kann auf bestimmte oder unbestimmte Dauer angelegt werden. Bei nicht-gemeinnützigen Stiftungen, deren „Zweck überwiegend die Versorgung von natürlichen Personen ist“, ist die Stiftung nach 100 Jahren aufzulösen, sofern nicht alle Letztbegünstigten einstimmig beschließen, die Stiftung für einen weiteren Zeitraum von maximal 100 Jahren fortzusetzen10.

Als weitere Auflösungsgründe sind zu nennen: 

  • Die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Stiftung und die Abweisung eines Insolvenzantrages mangels kostendeckendem Vermögen; 
  • wenn der Stiftungsvorstand die Auflösung der Stiftung einstimmig beschließt; 
  • wegen Erreichens oder Nichterreichbarkeit des Stiftungszwecks; 
  • wegen Widerrufs der Stiftung durch den (die) Stifter; 
  • wegen Eintritts anderer in der Stiftungserklärung genannter Auflösungsgründe oder 
  • wenn das Gericht die Auflösung beschließt11

10. Organe der Stiftung

Jedenfalls sind in der Privatstiftung ein Stiftungsvorstand und der Stiftungsprüfer zu bestellen; unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen auch ein Aufsichtsrat. Auch „weitere Organe“ können eingerichtet werden (§ 14 Abs 2 PSG). Die häufig anzutreffenden „Beiräte“ sind solche weiteren Organe. Auch Person oder Personengruppe, denen wesentliche Rechte im Hinblick auf die Privatstiftung zukommen, sind Organe der Stiftung, auch wenn die Stiftungsurkunde sie nicht expressis verbis als solche bezeichnet12.

10.1 Vorstand der Privatstiftung

Der Vorstand vertritt die Privatstiftung und verwaltet ihr Vermögen. Der erste Vorstand wird durch den/die Stifter bestellt. Der Vorstand hat aus mindestens drei Personen zu bestehen; zwei Mitglieder des Vorstands müssen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der EU oder im EWR haben. 

Der Vorstand hat die neugegründete Stiftung zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Die Eintragung im Firmenbuch bewirkt die rechtliche Existenz der Stiftung. 

Später erfolgt die Bestellung von Vorstandsmitgliedern gemäß der Stiftungsurkunde: Diese kann die Bestellung der Vorstandsmitglieder einer oder mehreren Personen – auch den Stiftern, solange sie leben – oder einem „Stiftungsorgan“ übertragen13. Zulässig ist auch die Regelung, dass sich der Stiftungsvorstand selbst ergänzt (Kooptation)14. Die Bestellung kann auch Begünstigten oder einem mit Begünstigten besetzten Beirat, einem Aufsichtsrat oder einem sonstigen Gremium überlassen werden15. Subsidiär ist das Gericht für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern zuständig16.

Für Vorstandsmitglieder regelt das Gesetz Unvereinbarkeiten: So kann beispielsweise nicht zum Mitglied des Stiftungsvorstands bestellt werden, wer selbst, wenn sein Ehegatte oder Lebensgefährte oder wenn bestimmte nahe Verwandte Begünstigte der Stiftung sind. Das Gesetz erstreckt die Unvereinbarkeit auch auf Fälle, in denen dieser Personenkreis nur „mittelbare“ Begünstigte sind (siehe näher § 17 PSG). 

Die Stiftungsurkunde kann die Funktionsperiode des Stiftungsvorstandes näher regeln. Ohne solche Regelung bleibt der Vorstand so lange im Amt, bis er zurücktritt, verstirbt, das in der Stiftungsurkunde ggf. festgesetzte Höchstalter (Altersgrenze) erreicht oder – zulässigerweise (meist nur aus wichtigem Grund) – abberufen wird. Um die Unabhängigkeit des Stiftungsvorstandes zu sichern, nimmt die Judikatur an, dass bei befristeter Bestelldauer die Stiftungsurkunde jedenfalls eine (Mindest-) Bestelldauer von drei Jahren vorsehen muss17. Eine Obergrenze der Bestelldauer ist zulässig: zum Beispiel: „Die Mitglieder des Stiftungsvorstandes werden auf mindestens drei und höchstens fünf Jahre bestellt“. 

Die Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes ist nur aus wichtigen Gründen gem. § 27 Abs 2 PSG möglich. Abberufungsberechtigt ist jedenfalls das zuständige Gericht.18

Die Stiftungsurkunde kann auch selbst ein für die Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes zuständiges Organ vorsehen. Dieses Organ kann etwa der Aufsichtsrat oder ein Beirat sein, aber auch der Stifter selbst – und zwar auch dann, wenn er Begünstigter ist. Die Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes ist dahingehend erschwert, dass das Gesetz für die Abberufung grds eine Dreiviertel-Stimmenmehrheit verlangt, wenn aber das abberufungsberechtigte Organ aus weniger als vier Mitgliedern besteht, sogar Stimmeneinhelligkeit notwendig ist (§ 14 Abs 3 PSG). Zudem setzt die Abberufung aus einem anderen als den wichtigen Gründen gemäß § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG voraus, dass den Begünstigen oder deren nahen Angehörigen in dem zur Abberufung berufenen Organ nicht die Mehrheit der Stimmen zusteht. Gegenüber dem Firmenbuchgericht sind, wenn die Abberufung aus wichtigem Grund erfolgt, die wichtigen Gründe zu bescheinigen19.

10.2 Stiftungsprüfer

Ein Stiftungsprüfer ist gesetzlich zwingend zu bestellen. Seine Aufgabe ist es20, den vom Vorstand aufzustellenden Jahresabschluss einschließlich Buchführung und Lagebericht, die Einhaltung der Stiftungsurkunde und -zusatzurkunde – also vor allem die Einhaltung des Stiftungszwecks und die Rechtmäßigkeit der Zuwendungen – zu prüfen. Auch das Vorliegen von Unvereinbarkeiten und Insichgeschäften ist zu prüfen. Den Stiftungsprüfer trifft eine „Redepflicht“. Der Stiftungsprüfer ist gemäß § 20 Abs 1 PSG primär durch das Gericht, ggf durch den Aufsichtsrat zu bestellen. 

10.3 Aufsichtsrat

Rund 11 % aller Stiftungen besitzen einen Aufsichtsrat. Die Stiftungsurkunde kann die Bestellung eines Aufsichtsrats vorsehen. Gesetzlich zwingend ist ein Aufsichtsrat zu bestellen, wenn 

  • die Anzahl der Arbeitnehmer der Stiftung 300 übersteigt oder 
  • die Stiftung inländische Kapitalgesellschaften oder inländische Genossenschaften einheitlich leitet oder aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 50 % beherrscht und 
  • in beiden Fällen die Anzahl der Arbeitnehmer dieser Gesellschaften bzw. Genossenschaften im Durchschnitt 300 übersteigt. 

Keine Aufsichtsrats-Pflicht besteht jedoch in solchen Konzern-Konstellationen, wenn sich die Tätigkeit der Privatstiftung auf die Verwaltung von Unternehmensanteilen der beherrschten Unternehmen beschränkt (§ 22 PSG). 

Die Bestellung der ersten Mitglieder des Aufsichtsrats erfolgt durch den oder die Stifter; nach Eintragung der Stiftung in das Firmenbuch ist für die Bestellung von Aufsichtsrats-Mitgliedern ausschließlich das Firmenbuchgericht zuständig. Die Entsendung von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat erfolgt nach Maßgabe des § 110 ArbVG. 

Unvereinbarkeit: Wer Mitglied des Stiftungsvorstands oder Stiftungsprüfer ist, kann nicht zugleich dem Aufsichtsrat angehören. Begünstigte oder deren Angehörige dürfen nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder stellen. Ferner ist die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten von Privatstiftungen oder in vergleichbaren Organen mit zehn begrenzt (§ 23 PSG). 

Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Geschäftsführung und die Gebarung durch den Vorstand zu überwachen. Das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Aufsichtsrats ist jenem des Aufsichtsrats von Aktiengesellschaften nachgebildet. Das Gesetz regelt fünf Fälle, in denen der Stiftungsvorstand für bestimmte Geschäfte der Stiftung die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen hat, nämlich für 

  • den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen sowie den Erwerb, die Veräußerung und die Stilllegung von Unternehmen und Betrieben, 
  • den Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Liegenschaften, soweit dies nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehört, 
  • Investitionen, die bestimmte Anschaffungskosten im einzelnen und insgesamt in einem Geschäftsjahr übersteigen, 
  • die Aufnahme von Anleihen, Darlehen und Krediten, die einen bestimmten Betrag im einzelnen und insgesamt in einem Geschäftsjahr übersteigen, und 
  • die Gewährung von Darlehen und Krediten, soweit sie nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehört.

Der Aufsichtsrat vertritt die Stiftung bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit den Vorstandsmitgliedern. Die Stiftungserklärung kann den Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrats erweitern (§ 25 PSG). Das Gesetz sieht keine bestimmte Funktionsperiode für Aufsichtsratsmitglieder vor. Die Stiftungsurkunde kann eine solche regeln. Die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern erfolgt (ausschließlich) durch das Gericht (§ 27 PSG). 

11. Begünstigte

Begünstigte sind jene Personen, die von der Stiftung Zuwendungen in welcher Form auch immer – etwa in Geld, Sachleistungen, Nutzungsmöglichkeiten (etwa an einer Wohnung)21 u.ä. – erhalten (sollen). Begünstigter ist, wer in der Stiftungserklärung als solcher bezeichnet wird oder wer von der vom Stifter dazu berufenen „Stelle“, sonst vom Stiftungsvorstand als Begünstigter festgestellt wird22. Wer Begünstigter ist, ist vom Stiftungsvorstand dem Finanzamt offenzulegen und zur Eintragung in das Register der Wirtschaftlichen Eigentümer gemäß WiEReG anzumelden. Begünstigte haben ein gerichtlich durchsetzbares Recht auf Auskunft und Bucheinsicht, einschließlich der Einsicht in den Jahresabschluss, in die Stiftungs- und in die Stiftungszusatzurkunde23. Begünstigte können ferner die gerichtliche Abberufung eines Organmitgliedes – zB eines Vorstandsmitglieds – aus wichtigem Grund gem. § 27 Abs 2 PSG beantragen oder, wenn ein Auflösungsgrund eingetreten ist, die Auflösung der Stiftung durch das Gericht beantragen24

Die Stiftungsurkunde kann den Begünstigten eine stärkere Rechtstellung einräumen, insbesondere einen (auch) mit Begünstigten besetzten Beirat, Entsendungsrechte für den Beirat und eine Begünstigtenversammlung vorsehen.

Begünstigte und deren nahe Angehörige können nicht zugleich Mitglied des Stiftungsvorstandes sein25. Begünstigte und deren nahe Angehörige dürfen nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder26 stellen. Ob Begünstigte weitere Rechte, insbesondere die Antragslegitimation zur Einleitung einer Sonderprüfung27 oder als Organ zur Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes oder deren Abberufung haben, hängt von der Ausgestaltung der Stiftungsurkunde ab. 

Zu unterscheiden ist auch zwischen aktuell Begünstigten28 und potenziell Begünstigten: Letztere haben nur ein Anwartschaftsrecht zur Erlangung der Begünstigtenstellung; ihnen kommen aber momentan die Begünstigtenrechte noch nicht zu29.

12. Letztbegünstigte

Letztbegünstigte(r) ist/sind derjenige bzw diejenigen, dem/denen ein nach Abwicklung der Privatstiftung verbleibendes Vermögen zukommen soll30

13. Beirat

Häufig wird bei Stiftungen als Kontrollorgan ein Beirat eingerichtet. Meist sind in den Beiräten Begünstigte repräsentiert und sollen dort die Tätigkeit des Stiftungsvorstandes überwachen. Nicht selten kommen solchen Beiräten Bestell- und Abberufungsrechte, Zustimmungsvorbehalte, das Recht zur Stellungnahme sowie das Recht, Vorschläge zur Höhe von Zuwendungen zu erstatten, zu.    

14. Firmenbuch

Die Privatstiftung ist in das Firmenbuch einzutragen. Dem Firmenbuchgericht obliegt die Kontrolle der Vermögensaufbringung. Ferner prüft es die Stiftungsurkunde auf ihre Gesetzmäßigkeit. Auch später hat das Firmenbuchgericht wichtige Funktionen für die Stiftung, etwa die Bestellung des Stiftungsprüfers und grundsätzlich – sofern die Stiftungsurkunde nichts anderes regelt – auch des Stiftungsvorstands; sofern vorgeschrieben, auch die Bestellung des Aufsichtsrats. Ganz generell kommt dem Firmenbuchgericht die Aufgabe zu, Organe der Stiftung aus wichtigem Grund abzuberufen. Gegebenenfalls beschließt es auch eine Sonderprüfung. Das Gericht beschließt ferner über die Zulässigkeit der Änderung der Stiftungsurkunde durch den Vorstand und über die Auflösung der Stiftung. Das Gericht beschließt außerdem über die Eintragung einer Änderung der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatzurkunde durch die Stifter und übt dadurch regelmäßig eine Kontrolle der Zulässigkeit der beabsichtigten Änderungen der Stiftungsurkunde vor – nicht aber der Stiftungszusatzurkunde, bei der dem Gericht nur der Umstand der Änderung, nicht aber der Inhalt, bekanntgegeben wird. 

15. Notariatsaktform

Die von dem oder den Stifter(n) zu errichtende Stiftungsurkunde und allfällige Zusatzurkunden bedürfen der Form des Notariatsaktes. Bei Nichtverlesung des Notariatsaktes oder seiner Beilagen31, wenn der beurkundende Notar zugleich Mitglied des Stiftungsvorstandes der betreffenden Stiftung und daher von der Beurkundung ausgeschlossen ist32 oder wenn der Stifter geschäftsunfähig ist33, sind die Stiftungserklärung, die Zusatzurkunde oder ihre Änderung rechtsunwirksam34

16. Privatstiftung von Todes wegen

Die Privatstiftung von Todes wegen wird durch letztwillige Stiftungserklärung – also eine letztwillige Verfügung in Form eines Notariatsaktes – errichtet35. Bei der Stiftungserrichtung ist daher (zumindest) die Mitwirkung zweier Notare oder eines Notars und zweier Zeugen erforderlich; gleiches gilt für eine allfällige Stiftungszusatzurkunde36.

17. „asset protection“ – ist die Übertragung des Vermögens des Stifters an die Stiftung ein absoluter Schutz vor Gläubigern des Stifters? 

Rechtsgeschäfte, mit denen der Stifter sein eigenes Vermögen vor dem Zugriff seiner Gläubiger schützen will („asset protection“), indem er sein Vermögen an die Stiftung überträgt, können wegen Benachteiligungsabsicht und wegen unentgeltlicher Verfügung zum Nachteil der Gläubiger des Stifters nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung (§§ 28 und 29 IO) und gemäß der Anfechtungsordnung (§§ 2 und 3 AnfO) anfechtbar sein. 

Wenn es sich um das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen des Stifters handelt, das dieser an die Stiftung überträgt, haftet die Stiftung als Erwerber des Vermögens gegenüber den Gläubigern des Stifters für die zum Zeitpunkt der Übertragung seines Vermögens bestehenden Schulden (§ 1409 ABGB). Die Haftung gilt nur für solche Verbindlichkeiten, die die Stiftung kannte oder kennen musste. Außerdem ist diese Haftung betraglich mit dem Wert des übernommenen Vermögens beschränkt. 

Die Übertragung des Vermögens des Stifters kann gegebenenfalls auch ein „Beiseiteschaffen“ zum Nachteil der Gläubiger des Stifters, um es also vor seinen Gläubigern „zu schützen“, darstellen. In diesem Fall können sich der Stifter und auch der Stiftungsvorstand als Beitragstäter – vorsätzliche Tatbegehung vorausgesetzt – wegen betrügerischer Krida (§ 156 StGB) gerichtlich strafbar machen. 

Stiftungen und deren Vorstände unterliegen ferner auch dem strafrechtlichen Verbot der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Das Gericht kann Vermögenswerte, die aus einer strafbaren Handlung erlangt wurden, für verfallen erklären (§ 20 StGB). 

Sofern sich der Stifter das Recht zur Änderung der Stiftungsurkunde und zum Widerruf der Stiftung vorbehalten hat, können Gläubiger von Stiftern, die einen Exekutionstitel gegen den Stifter besitzen, dessen Rechte auf Änderung und Widerruf der Stiftung pfänden und sich zur Ausübung überweisen lassen. Um Befriedigung ihrer Forderungen zu erlangen, können sie dann selbst den Widerruf der Stiftung aussprechen, wenn der Stifter Letztbegünstigter ist37

18. Fußnoten

1 Zum Thema „asset protection“ und zur Anfechtung der Widmung von Vermögen des Stifters wegen Schenkungsanfechtung nach der Insolvenzordnung und der Anfechtungsordnung, und zum Verfall, wenn das Vermögen aus kriminellen Handlungen stammt, siehe unten.

2 Die PS darf aber nicht eine gewerbsmäßige Nebentätigkeit, die über eine bloße Nebentätigkeit hinausgeht, ausüben und sich auch nicht als persönlich haftender Gesellschafter an einer eingetragenen Personengesellschaft beteiligen oder die Geschäftsführung einer Handelsgesellschaft übernehmen (§1 Abs 2 PSG).

3 Vgl. Arnold, PSG4 § 4 Rz 28a ff; sein Argument, dass die PS durch die Widmung des Vermögens in der Stiftungsurkunde erst entsteht und es sich daher nicht um eine Schenkung handeln könne, überzeugt nicht: Es ist überspitzt begriffsjuristisch und geht fehl, weil ja der Beschenkte – die PS – mit Eintragung im Firmenbuch entsteht und die unentgeltliche Vermögensübertragung an die PS in genau derselben „juristischen Sekunde“ erst wirksam wird.

4 J. Reich-Rohrwig, Erbrecht2 193 ff; Zollner/Pitscheider, Pflichtteilsrechtliche Aspekte einer Begünstigtenstellung, Eine erste Einschätzung der Änderungen durch das ErbRÄG 2015, PSR 2016, 8; Welser, Erbrechts-Kommentar § 781 ABGB, Rz 33 ff.

5 OGH 6 Ob 60/01v, GesRZ 2002, 27; 6 Ob 85/01w, SZ 74/92; 1 Ob 214/09s, GesRZ 2011, 53; RIS-Justiz RS 0115134.

6 Siehe J. Reich-Rohrwig/Wallner, Verbesserung der Rechte von Stiftern und Begünstigten einer Privatstiftung, ecolex 2005, 536.

7 § 9 Abs 2 Z 8 bis 14 PSG.

8 OGH 6 Ob 100/22g, ecolex 2022/645, ZFS 2022, 96 (Eiselsberg) = PSR 2022, 135 (Zollner) = JEV 2022/22 (Kalss); 3 Ob 177/10s, ecolex 2012, 54 (Rizzi) = GesRZ 2011, 317 (Wurzer/Foglar-Deinhardstein) = PSR 2011, 183 (Rassi/Zollner) = ZUS 2011, 140 (Schäfer) = EvBl 2012/22 (Clavora).

9 § 36 Abs 4 PSG.

10 § 35 Abs 2 Z 3 PSG.

11 § 35 PSG.

12 Zb im Falle der Berechtigung, Mitglieder des Stiftungsvorstandes zu bestellen und abzuberufen: OGH 16.09.2020, 6 Ob 141/20h = ecolex 2021, 554 (Rizzi/Michtner).

13 EBRV zu § 15 Abs 4 PSG; OLG Wien 31.5.1999, 28 R 244/98b GesRZ 1999, 259.

14 OGH 6 Ob 164/12d, GesRz 2013, 368.

15 Arnold, PSG4 § 15 Rz 87 mwN.

16 § 27 Abs 1 PSG.

17 6 Ob 195/10k, GesRZ 2011, 239 (H. Torggler) = ecolex 2011/176 (kritisch Rizzi) – ausgenommen „besondere Ausnahmefälle“. Eine geringfügige Unterschreitung der Mindestfunktionsdauer ist irrelevant: OGH 6 Ob 211/20b, 6 Ob 228/20b, PSR 2021, 39, JEV 2021, 43; 6 Ob 227,20f, PSR 2021, 184, JEV 2021, 108.

18 Von Amts wegen aber auch auf Antrag von Begünstigten oder anderen Organmitgliedern.

19 OGH 6 Ob 101/11p, ecolex 2012/215, ZfS 2012, 34 (Lenz; Leitner-Bommer/Oberndorfer) = PSR 2012, 32 (Murko/Zollner) = ZUS 2012, 30 (Schäfer) = ZUS 2012, 83 (Knauder) = GesRZ 2012, 270 (Arnold) = PSR 2013, 16 (Zollner); aA J. Reich-Rohrwig, Abberufung des Stiftungsvorstands nach der Novellierung des PSG durch das BBG 2011, ecolex 2011, 419ff.

20 § 21 PSG.

21 Abgabenrechtlich siehe StiftR 2001, Rz 238.

22 § 5 PSG.

23 § 30 PSG.

24 § 35 Abs 3 PSG.

25 § 15 Abs 2, 3 und 3a PSG.

26 § 23 Abs 1 PSG.

27 § 31 PSG.

28 N. Arnold ecolex 2000, 877 (878); OGH 6 Ob 180/04w, ecolex 2005, 453.

29 OGH 6 Ob 180/04w; ecolex 2005, 453; 6 Ob 24/21d, GesRz 2021, 408 (Briem); Arnold, PSG4 § 5 Rz 26.

30 § 6 PSG.

31 OGH 6 Ob 122/21s, ecolex 2022/317, GesRZ 2022, 288 (B. Maier)

32 OGH 1 Ob 14/14m, NZ 2014, 244 (Hoyer) = GesRZ 2014, 324 (Weigand).

33 Siehe J. Reich-Rohrwig, Geschäftsunfähigkeit von Stiftern, ecolex 2011, 687; OGH 3 Ob 120/14i, ecolex 2015,875, PSR 2015, 35 (Loibner) = GesRZ 2015, 138 (Hochedlinger) = EvBl 2015/118 (Frauenberger-Pfeiler).

34 FN 30-32

35 OGH 6 Ob 45/04z, ecolex 2005/18.

36 Im Einzelnen siehe §§ 8 und 39 PSG.

37 OGH 3 Ob 16/06h, 3 Ob 217/05s, GesRZ 2006, 196; 6 Ob 136/09g, GesRZ 2010, 59; 3 Ob 177/10s, GesRZ 2011, 317.