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26.11.2025
FlexKapG

Flexible Kapitalgesellschaft (FlexCo) – eine neue Rechtsform in Österreich

Allgemeines

Nach mehrjährigen Vorarbeiten, an denen ich persönlich maßgeblich beteiligt war, hat der österreichische Gesetzgeber am 1.1.2024 eine neue Rechtsform einer Kapitalgesellschaft – die „Flexible Kapitalgesellschaft“, abgekürzt „FlexKapG“ oder „FlexCo“ – in Geltung gesetzt. Ich hatte gemeinsam mit zwei anderen Juristen im Auftrag des Wirtschaftsministeriums ein Regelungskonzept für die neue Rechtsforma erstellt. Dieses Regelungskonzept haben wir auch in Buchform mit dem Titel „Austrian Limited“ veröffentlicht1. Nach Inkrafttreten des Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz (FlexKapGG) habe ich gemeinsam mit weiteren Autoren ein Handbuch zur Flexiblen Kapitalgesellschaft im Umfang von mehr als 400 Seiten verfasst2.  

Das Ziel, das der Gesetzgeber mit der neuen Rechtsform der Flexiblen Kapitalgesellschaft verfolgte, war die Schaffung einer im Vergleich zur GmbH flexibleren Gesellschaftsform einer Kapitalgesellschaft, die speziell für Gründer von Start ups und für internationale Investoren attraktiver ist als die Rechtsform der GmbH. Insofern wurde das Ziel sicherlich erreicht. In den knapp zwei Jahren seit Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft in Österreich wurden bereits mehr als 1.400 Flexible Kapitalgesellschaften gegründet.

Soweit der Gesetzgeber bei der FlexCo eine neue Kategorie stimmrechtsloser Anteile – die Unternehmenswert-Anteile („UWA“) – geschaffen hat, die – in Kombination mit dem gleichzeitig erlassenen steuerlichen Start up-Förderungsgesetz – die Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern und anderen Personen an der FlexCo erleichtern und attraktiver machen sollte, ist die Attraktivität aufgrund der abschreckend detailreichen und allzu minderheitsfreundlichen Regelungen für UWA und deren „Mitverkaufsrecht“ auf weniger Akzeptanz gestoßen. Diese Regelungen werden von den Gründern der FlexCo häufig als prohibitiv empfunden und man weicht in der Praxis auf andere Formen der Mitarbeiter-Beteiligung aus.  

"Flexible Kapitalgesellschaft" (FlexKapG; FlexCo)

Die flexible Kapitalgesellschaft (im Folgenden kurz "FlexCo") kann nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu jedem zulässigen Zweck gegründet werden. Auch die Ein-Personen-Gründung ist zulässig. Die FlexCo ist zB geeignet für Gewerbe- und Industrieunternehmen, als Holding, als Projektgesellschaft, als Freiberuflergesellschaft, als Joint Venture oder für Forschung- und Entwicklungsgemeinschaften.  

Die FlexCo funktioniert ähnlich wie eine GmbH. Sie hat Geschäftsführer als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan. Einen Aufsichtsrat muss die FlexCo nur in Ausnahmefällen haben. Oberstes Organ sind – wie bei der GmbH – die Gesellschafter. Für Gesellschafterbeschlüsse, für Beschlussmehrheiten und für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen gilt GmbH-Recht. Die Regelungstechnik des Gesetzes besteht darin, sehr weitgehend auf die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes zu verweisen und in nur 29 Paragraphen für die FlexCo abweichende und ergänzende Regelungen zu treffen.  

Rechtsformzusatz

Die FlexCo hat in ihrer Firma einen Rechtsformzusatz aufzunehmen, der die Bezeichnung "Flexible Kapitalgesellschaft" oder "flexible company" oder eine Abkürzung, nämlich "FlexKapG" oder "FlexCo", enthält.

Gründung der FlexCo

Die Gründung der FlexCo erfordert – wie bei der GmbH – grundsätzlich einen Notariatsakt. Die Ausnahmevorschrift über die vereinfachte (formfreie) Gründung unter Einbeziehung eines Kreditinstituts, wenn die Gründung durch einen einzigen Gesellschafter erfolgt, der eine natürliche Person und zugleich einziger Geschäftsführer ist (§ 9 a GmbHG), ist gleichfalls anwendbar.

Mindeststammkapital, Stammeinlagen der Gesellschafter  

Das Mindestkapital der FlexCo beträgt ebenso wie jenes der GmbH € 10.000,- („Stammkapital“). Wenn das Kapital durch Bareinlagen aufgebracht wird, muss es, wie bei der Gründung einer GmbH, mit mindestens € 5.000,- eingezahlt werden. Jede Stammeinlage muss mindestens Euro 1,- betragen3. Sacheinlagen sind zulässig.  

Flexible Kapitalmaßnahmen, Erwerb eigener Anteile, Einziehung von Anteilen

Ich hatte gemeinsam mit den anderen Autoren im Gutachten für das Wirtschaftsministerium zur "Austrian Limited"4 vorgeschlagen, nicht nur die Möglichkeit der sofort durchzuführenden „ordentlichen Kapitalerhöhung“ zuzulassen, sondern bei der FlexCo nach aktienrechtlichem Vorbild auch die Institute des "genehmigten Kapitals", des "bedingten Kapitals", des "genehmigten bedingten Kapitals" ebenso wie die Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen einzuführen. Diesen Vorschlag setzte der Gesetzgeber um. Auf diese Weise ist die FlexCo wesentlich flexibler bei der Kapitalbeschaffung als die Rechtsform der GmbH. Das Gesetz lässt auch den Erwerb eigener Anteile und von Unternehmenswertanteilen durch die FlexCo selbst und deren Einziehung nach aktienrechtlichem Vorbild zu.

Erleichterung der Fassung von Umlaufbeschlüssen  

Anders als nach GmbH-Recht kann der Gesellschaftsvertrag einer FlexCo vorsehen, dass für die Fassung schriftlicher Umlaufbeschlüsse das Einverständnis aller Gesellschafter zur Umlaufbeschlussfassung nicht erforderlich ist. Für eine gültige schriftliche Beschlussfassung muss allerdings - was ohnedies selbstverständlich ist - allen stimmberechtigten Gesellschaftern die Teilnahme an der Abstimmung ermöglicht werden.

Der Gesellschaftsvertrag kann für die Stimmabgabe auch die Einhaltung der „Textform“, wie sie § 13 Abs 2 AktG regelt – daher auch per E-Mail – genügen lassen (§ 7 FlexKapGG).  

Die virtuelle Abhaltung von Generalversammlungen in Form von Videokonferenzen mit Zweiwegverbindung in Echtzeit ist zulässig, sofern der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich gestattet (§ 1 Abs 2 VirtGesG).  

Mitarbeiterbeteiligung: Unternehmenswert-Anteile

Um die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen zu fördern, wurde eine neue Kategorie von Anteilen, die "Unternehmenswert-Anteile" („UWA“) eingeführt. Wenngleich dieses Instrument typischerweise für Beteiligungsprogramme von Mitarbeitern gedacht ist, ist es keineswegs auf diesen Personenkreis beschränkt.  

Unternehmenswert-Anteile können im Umfang von insgesamt „weniger als 25 % des Stammkapitals“, also nur bis zu 24,999∞ Prozent, ausgegeben werden. Der einzelne UWA muss einen Nennbetrag von wenigstens € 0,01 (= ein Euro Cent) betragen.

Damit die steuerliche Start up-Förderung von Mitarbeitern anwendbar ist, darf der einzelne Mitarbeiter Unternehmenswert-Anteile überhaupt nur im Umfang von „weniger als 10 % des Kapitals“ halten.  

Die Inhaber der Unternehmenswert-Anteile („Unternehmenswert-Beteiligte“) haben ein Recht zur Teilnahme an Generalversammlungen und auf Verständigung von schriftlichen Abstimmungen. Ihnen steht in Generalversammlungen – aber nur in diesen – ein umfassendes Auskunfts- und Fragerecht zu. Sie haben aber kein Stimmrecht und kein Recht zur gerichtlichen Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen. Falls in ihre gesellschaftsvertraglich zugesicherte Rechtsposition unmittelbar eingegriffen wird, bedarf dies ihrer individuellen Zustimmung und insofern sind sie, wenn sie in ihren Rechten verletzt werden, auch anfechtungsbefugt.

Unternehmenswert-Anteile vermitteln bei Kapitalerhöhungen kein Bezugsrecht; Letzteres könnte allerdings gesellschaftsvertraglich geregelt werden.  

Unternehmenswert-Beteiligte haben beim Exit, wenn der oder die Gründer ihre Anteile mehrheitlich verkaufen, ein gesetzlich verbrieftes Mitverkaufsrecht.

Eintragung der Gesellschafter und der Unternehmenswert-Beteiligten in das Firmenbuch

Die Gesellschafter einer FlexCo – ebenso wie jene einer GmbH – in das Hauptbuch des Firmenbuchs (FB) mit Namen, Geburtsdatum und Adresse einzutragen.  

Unternehmenswert-Beteiligte hingegen sind im FB nicht namentlich, sondern nur mit der Summe der Stammeinlagen aller UW-Beteiligten insgesamt, als Teil des Stammkapitals einzutragen. Hingegen sind die Namen der Inhaber der Unternehmenswert-Anteile nicht im Hauptbuch des FB, sondern nur in einem von der Gesellschaft geführten Anteilsbuch einzutragen. Allerdings müssen die Geschäftsführer schon bei der Gründung und jährlich eine aktualisierte Liste mit den Namen der Unternehmenswert-Beteiligten (ohne Angabe der Nennbeträge ihrer Stammeinlagen) („Namensliste“) zum FB einreichen. Die Namensliste ist in der Urkundensammlung des FB öffentlich einsehbar.  

Zusätzlich müssen die Geschäftsführer eine „Anteilsliste“ zum FB einreichen, die nicht nur die in der Namensliste enthaltenen Angaben, sondern auch den Betrag der jeweiligen Stammeinlage jedes UW-Beteiligten und deren Einzahlung ausweisen muss. Diese Anteilsliste ist nicht öffentlich einsehbar. Die Offenlegungspflicht der Namen gegenüber dem FB birgt naturgemäß die Gefahr in sich, dass, falls die Amtsverschwiegenheit des Gerichts nicht eingehalten wird, die Unternehmenswert-Beteiligten, die häufig „Schlüsselmitarbeiter“ des Unternehmens sind, als solche namentlich identifiziert und auf diese Weise von Konkurrenten leichter abgeworben werden können.

Aufsichtsratspflicht

Aufsichtsratspflicht besteht bei der FlexCo nicht nur - wie bei der GmbH - in den Fällen des § 29 Abs 1 GmbHG5, sondern auch dann, wenn die FlexCo zumindest eine "mittelgroße" Kapitalgesellschaft im Sinne der Rechnungslegungsvorschriften (§ 221 Abs 2 und Abs 4 UGB) ist. Dies ist der Fall, wenn die FlexCo in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren – im Falle einer Umgründung in einem Geschäftsjahr – zwei der drei folgenden Schwellen überschreitet:  

  • € 6,25 Mio Bilanzsumme,  
  • € 12,5 Mio. Umsatzerlöse und  
  • im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer.  

Insofern hat der Gesetzgeber die FlexCo im Vergleich zur GmbH schlechter gestellt.

Hier leuchtet das Bestreben der damals „grünen“ Justizministerin dem Notariat die GmbH als "vorbehaltenes Honorar-Reservoir" zu erhalten und die FlexCo für mittelgroße Unternehmen unattraktiv zu machen, deutlich hervor. Die in den Gesetzesmaterialien für die Aufsichtsratspflicht gegebene Begründung, dass die FlexCo über Gestaltungsmöglichkeiten verfüge, die sonst Aktiengesellschaften vorbehalten sind, überzeugt nicht, weil die Aufsichtsratspflicht bei der FlexCo gerade nicht davon abhängig gemacht ist, ob eine Maßnahme getroffen werden soll, bei der im vergleichbaren Fall einer Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat zu befassen wäre oder nicht.

Notarielle Tätigkeiten, Beiziehung von Rechtsanwälten und Notaren  

  1. Für Änderungen des Gesellschaftsvertrags und für Umgründungen (wie zB Verschmelzungs-, Spaltungs- und Umwandlungsbeschluss) gilt infolge des Verweises auf die für GmbHs geltenden Vorschriften auch für die FlexCo die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung der Generalversammlungsbeschlüsse.
  1. Hingegen sieht das Gesetz
    1. für die Übertragung von Geschäftsanteilen und für die Eingehung der Verpflichtung zur künftigen Übertragung, wie zB durch Optionsverträge, Abtretungsanbote, Vorverträge u.ä., und
    2. bei Kapitalerhöhungen für die Übernahmserklärung des/der Übernehmer(s) der Kapitalerhöhung

eine abgeschwächte Formvorschrift, nämlich eine unter anwaltlicher oder notarieller Mitwirkung errichtete Privaturkunde, vor (sogenannte „anwaltliche Privaturkunde“ und „notarielle Privaturkunde“). Dies bedeutet immerhin eine gewisse Erleichterung, Zeit- und Kostenersparnis im Vergleich zur Rechtsform der GmbH, wo in diesen Fällen zwingend ein Notariatsakt vorgeschrieben ist. Das trifft speziell dann zu, wenn die Anteilsübertragung oder - bei einer Kapitalerhöhung - die Übernahmserklärung nicht in deutscher, sondern in einer Fremdsprache errichtet wird.

  1. Für die Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen ist weder ein Notariatsakt noch eine anwaltliche oder notarielle Privaturkunde erforderlich. Vielmehr genügt für die Übertragung von UW-Anteilen die (einfache) Schriftform (ohne Unterschriftsbeglaubigung; § 9 Abs 6 FlexKapGG). Ob ein Telefax oder ein E-Mail genügt, ist fraglich und ist wahrscheinlich zu verneinen. Die sichere elektronische Signatur gemäß SVG genügt hingegen.  

Rechtsformwandelnde Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung

Das Gesetz lässt die Umwandlung einer GmbH in die Rechtsform einer FlexCo und vice versa die Umwandlung einer FlexCo in eine GmbH zu. Die besonderen Zustimmungserfordernisse des § 99 GmbHG, wie sie bei Verschmelzungen gelten, sind auch bei der rechtsformwandelnden Umwandlung einzuhalten (§ 25 FlexKapGG).

Gleichermaßen ist auch die Umwandlung einer FlexCo in eine Aktengesellschaft und vice versa einer Aktengesellschaft in eine FlexCo unter sinngemäßer Anwendung der für derartige Umwandlungen einer GmbH geltenden aktienrechtlichen Vorschriften vorgesehen.

Die Verschmelzung, die Spaltung und die Umwandlung nach dem UmwG, ebenso wie auch das Gesellschafterausschlussgesetz sind für FlexCo infolge des Verweises des § 1 Abs 2 FlexKapGG auf die für Gesellschaften mit beschränkter Haftung geltenden Bestimmungen anwendbar.

Fußnoten

1 J. Reich-Rohrwig/Ph. Kinsky/S.-F. Kraus, Austrian Limited (2021).

2 Reich-Rohrwig/Reich-Rohrwig/Kinsky (Hrsg), Flexible Kapitalgesellschaft (2024).

3 Im Vergleich dazu müssen die einzelnen Stammeinlagen einer GmbH mindestens € 70,- betragen.

4 J. Reich-Rohrwig/Ph. Kinsky/ S.-F. Kraus, Austrian Limited, eine Start-up-freundliche neue Rechtsform (2021) 9 f, 112 ff.

5 Siehe auf dieser Homepage die Erläuterungen zur GmbH.