.avif)
Vorspann:
Nachstehend veröffentliche ich die Ergebnisse meiner empirischen Untersuchung1 der österreichischen Privatstiftungen2. Ich habe 10% der Stiftungserklärungen3 der am Stichtag 7.2.2023 in Österreich bestehenden 2795 Privatstiftungen in Österreich, die sich nicht in Abwicklung/Insolvenz befanden4, untersucht.5
Mir ist bewusst, dass viele der hier recherchierten Regelungen in der Vertragspraxis nicht in der Stiftungserklärung, sondern in einer Stiftungszusatzurkunde – sofern die Stiftungserklärung eine solche vorsieht – geregelt werden. Stiftungszusatzurkunden sind allerdings im Firmenbuch nicht einsehbar, sodass sich die gegenständliche Untersuchung auf die Stiftungserklärungen beschränken musste.
Die Ergebnisse6 sind folgende:
Als „Familienstiftungen“ bezeichnet man häufig eigennützige Stiftungen, die der Förderung von Familienangehörigen des oder der Stifter dienen.
Eine Privatstiftung kann von einem, zwei oder mehreren Stiftern errichtet werden. Nachstehend die Ergebnisse, wie viele Stifter die Stiftung gegründet hatten:
Bezogen auf die Gesamtzahl der untersuchten Stiftungen wurden 31% von einem einzigen Stifter, 26% von zwei Stiftern, 13% von drei Stiftern, 11% von vier Stiftern, 9% von fünf Stiftern und 10% von sechs oder mehr Stiftern gegründet.
Bei den Familienstiftungen ergibt die Analyse folgende Zahl von Stiftern: ein Stifter (26%), zwei Stifter (29%), drei Stifter (15%), vier Stifter (13%), fünf Stifter (9%), sechs bis zehn Stifter (8%).
Bei den „sonstigen“ Stiftungen – nämlich Sparkassen-Stiftungen, Mitarbeiterbeteiligungs-Stiftungen und Selbstzweck- und de-facto-Selbstzweckstiftungen – ergibt die Analyse folgende Anzahl von Stiftern: ein Stifter (88%), zwei Stifter (6%), drei Stifter (0%), vier Stifter (6%).
Die nachstehenden Angaben beziehen sich auf Familienstiftungen:
In 26% der Fälle wurde die Familienstiftung von einem Stifter gegründet, in 74% der Fälle von zwei oder mehreren Mitstiftern. Wenn eine Familienstiftung auch eingetragene Personengesellschaften oder juristische Personen als Mitstifter aufweist, dann in folgender Häufigkeit: Inländische (21%) oder ausländische (2%) eingetragene Personengesellschaften, inländische GmbH oder AG (48%), andere inländische juristische Personen (37%), wie Vereine, Privatstiftungen und Gebietskörperschaften.
In nachstehender Häufigkeit wurde die Stiftung durch eine ausländische GmbH oder AG als Mitstifter (6%) oder auch andere ausländische juristische Personen, wie Stiftung, Anstalt, usw als Mitstifter (13%) gegründet.8
Wenn eine ausländische, juristische Person als Mitstifter eingesetzt wurde, handelt es sich am häufigsten – in 39% der Fälle – um solche aus Liechtenstein (Liechtensteinische Stiftungen oder Anstalten), an zweiter Stelle sind solche aus Deutschland (15%) und Kroatien (15%) zu nennen; ferner solche aus Griechenland, Großbritannien, Italien und Niederlande (je 8%).
In 4% der Fälle gründeten ausschließlich Ausländer oder ausländische juristische Personen als Stifter die österreichische Privatstiftung. Dabei war Liechtenstein am häufigsten vertreten (1,4%); es folgten andere ausländische Stifter (in alphabetischer Reihenfolge) aus Angola, Deutschland, Italien, Japan, Schweiz und USA (je 0,4%).
Bei den Familienstiftungen, die von zwei oder mehreren Stiftern errichtet wurden, gab es in 54% der Fälle einen und in 4% zwei Hauptstifter. In 42% der Fälle gab es keine signifikanten Unterschiede bei der Vermögenszuwendung, die eine Unterscheidung zwischen „Haupt-“ und „Nebenstifter“ zulassen würden.
Die Stiftungsurkunden der Familienstiftungen nennen zu 99,5% als Stiftungszweck – wie nicht anders zu erwarten – die Versorgung des Stifters oder der seiner Familie zugehörigen Begünstigten. In einem Fall (0,5%) subsumierte ich sonstige Maßnahmen zur Förderung der Familie im weiteren Sinn als in diese Kategorie fallend.
21% der Stiftungsurkunden von Familienstiftungen nennen als Stiftungszweck ausdrücklich auch die Erhaltung oder Förderung eines/mehrerer Unternehmen; in 79% der untersuchten Familienstiftungen gab es keinen solchen Hinweis.
68% der Stiftungsurkunden von Familienstiftungen erwähnen als Stiftungszweck ausdrücklich die Erhaltung des eingebrachten Vermögens, in 32% erfolgt keine derartige Erwähnung.
50% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 41%) enthalten sonstige Stiftungszwecke. Bei diesen sonstigen Stiftungszwecken lassen sich beispielsweise folgende Angaben finden:
Stiftungsurkunden enthalten zwar regelmäßig eine numerische Aufzählung der Stiftungszwecke, die eingeleitet wird mit der Zahl 1., 2., 3., usw. Ich habe aber untersucht, ob und in welcher Häufigkeit die Stiftungserklärungen explizit eine Rangfolge der Stiftungszwecke festlegt. Eine solche Rangfolge könnte mE derart ausgedrückt werden, dass es heißt „primärer Zweck“, „überwiegender Zweck“ oder „Hauptzweck“. Umgekehrt könnte die Rangfolge auch durch das Wort „subsidiär“ oder „nachrangig“ zum Ausdruck kommen.
Die hier aufgeworfene Frage der Rangfolge der Stiftungszwecke gewinnt dann an Bedeutung, wenn die Stiftung (auch) der Versorgung von natürlichen Personen (Begünstigten) dient, weil § 35 Abs 2 Z 3 PSG die Dauer einer nicht gemeinnützigen Privatstiftung, „deren überwiegender Zweck die Versorgung von natürlichen Personen ist“ grundsätzlich mit 100 Jahren festlegt, sofern nicht alle Letztbegünstigten (dann) einstimmig beschließen, die Privatstiftung für einen weiteren Zeitraum, längstens jedoch jeweils für (weitere) 100 Jahre fortzusetzen. Nennt die Stiftungserklärung nur einen einzigen Zweck, nämlich die Versorgung von natürlichen Personen als Begünstigten, so ist die Voraussetzung dieser Gesetzesstelle erst Recht erfüllt.
Die Untersuchung zeigt folgendes Ergebnis: Nur in 7% der Fälle (bei Familienstiftungen 7%) legt die Stiftungsurkunde explizit eine Rangfolge innerhalb mehrerer Stiftungszwecke fest. In den restlichen Fällen enthalten die Stiftungserklärungen dazu keine explizite Aussage.
Als gemeinnützig sind 8,5% der Stiftungen einzustufen (zum Teil bezeichnen sich die Stiftungen explizit als eigennützig; zum Teil sind sie nach ihrem Stiftungszweck als gemeinnützig einzustufen). 91,5% der Stiftungen sind als „eigennützig“ einzustufen.
Bekanntlich ist nach § 5 PSG begünstigt, wer in der Stiftungserklärung als Begünstigter bezeichnet wird. Ohne eine solche Bezeichnung ist Begünstigter, wer von der vom Stifter dazu berufenen „Stelle“9, sonst vom Stiftungsvorstand, als Begünstigter festgestellt wird.
26% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 30%) nennen die Begünstigten namentlich.
In weiteren Fällen nennen die Stiftungsurkunden der Familienstiftungen immerhin einen „Kreis der Begünstigten“, nämlich in 20% der Fälle aus dem Kreis der Familie, in 4,1% der Fälle aus der „sonstigen Verwandtschaft“ und in 0,4% der Fälle aus einer bestimmten anderen Personengruppe.
In 4% der Familienstiftungen werden im Zusammenhang mit den Nachkommen des Stifters als Begünstigte auch deren Ehegatten als Begünstigte miteingeschlossen.
Zunächst ist nochmals auf die Ausführungen oben zu Punkt E) zu verweisen. Wenn Begünstigte in der Stiftungserklärung nicht genannt sind oder weitere Begünstigte bestellt werden sollen, kann die Stiftungsurkunde die „Stelle“, die zur Feststellung der Begünstigten berufen ist, benennen; subsidiär ist der Stiftungsvorstand als solcher zur Feststellung berufen.
Wenn die Stiftungsurkunde die Benennung/Bestellung von Begünstigen einer „Stelle“ überlässt, so zeigt meine Untersuchung folgendes Ergebnis: In 74% der Fälle (in Familienstiftungen 74%) ist der Stiftungsvorstand, in 8% der Fälle (in Familienstiftungen: 8%) der Beirat oder der Stifter (18%) (in Familienstiftungen 20%) zur Benennung/Bestellung von Begünstigten berufen; die Stiftungserklärung verweist ua aber auch auf die Stiftungszusatzurkunde (3%) (in Familienstiftungen 2%) oder enthält eine sonstige Regelung (4%) (in Familienstiftungen 3%).10
91% aller Stiftungsurkunden (in Familienstiftungen 92%) enthalten zum Widerruf der Begünstigung keine Regelung. Vice versa enthalten 9% (in Familienstiftungen 8%) eine derartige Regelung über den Widerruf der Begünstigung: 2% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 1%) machen den Widerruf vom Vorliegen eines wichtigen/sachlichen Grundes abhängig. 2% (bei Familienstiftungen 2%) lassen den Widerruf nach dem „Ermessen“, 2% (bei Familienstiftungen 1%) nach dem „freien Ermessen“ der zum Widerruf berufenen Stelle zu. 3% (in Familienstiftungen 4%) verweisen allerdings, was den Widerruf betrifft, auf die Stiftungszusatzurkunde.
Für die Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes ist zuständig:
In keiner der Stiftungsurkunden war vorgesehen, dass ein Aufsichtsrat die Mitglieder des Stiftungsvorstandes bestellt.
Der Stiftungsvorstand ist ein in der Stiftung zwingend zu bildendes Organ. Allerdings besteht von gesetzeswegen keine Notwendigkeit, Regelungen über den Stiftungsvorstand in die Stiftungsurkunde aufzunehmen. Dennoch – und durchaus zweckmäßig – nimmt die Vertragspraxis solche Regelungen in die Stiftungsurkunde auf. Bei der gegenständlichen Untersuchung habe ich geprüft, welche Bestelldauer für die Mitglieder des Stiftungsvorstandes die Stiftungsurkunden enthalten.
Die Ergebnisse:
Die untersuchten Stiftungsurkunden enthielten eine Altersgrenze für Mitglieder des Stiftungsvorstandes in 35% der Fälle (bei Familienstiftungen in 34%). Soweit die Stiftungserklärungen von Familienstiftungen Altersgrenzen für die Mitglieder des Stiftungsvorstandes vorsehen, handelt es sich um folgende:
Vollendung des
27% der Stiftungsurkunden enthalten keine Regelung zur Frage, wer zur Abberufung des Stiftungsvorstandes zuständig ist.
Jene 73% der Stiftungsurkunden, welche die Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes regeln, erklären folgendes Organ für die Abberufung für zuständig:
Keine der Stiftungsurkunden erklärt einen etwaigen Aufsichtsrat für die Abberufung zuständig.
Soweit die Stiftungsurkunden zur Abberufung des Stiftungsvorstandes Regelungen enthalten, sind dies folgende:
Die Stiftungsurkunden sehen in 89% der Fälle keine Richtlinien für die Veranlagung des Stiftungsvermögens durch den Stiftungsvorstand vor.
Folgende Veranlagungsrichtlinien wurden mit folgender Häufigkeit festgestellt:13
Als sonstige Veranlagungsrichtlinien finden sich Regelungen, wie zB die Veranlagung von Geldern bei einer bestimmten Sparkasse; die „wertgesicherte Veranlagung“; die Zulassung der Veranlagung von 50% des Vermögens in risikoträchtige Asset-Klassen; die Pflicht zur Bildung von Rücklagen für künftige Kapitalerhöhungen in den der Stiftung gehörigen Unternehmen; die Verpflichtung zur sparsamen Vermögensverwaltung.
Die Untersuchung bezog sich auch darauf, ob die Stiftungsurkunden Regelungen für die Namhaftmachung des Stiftungsprüfers enthalten:
In 52 % der Fälle (bei Familienstiftungen 54%) gibt die Stiftungsurkunde dem/den Stifter(n) das Recht zur Namhaftmachung des Stiftungsprüfers, in 15% der Fälle dem Beirat (bei Familienstiftungen 15%), in 26% der Fälle dem Stiftungsvorstand (bei Familienstiftungen 24%), in 1% der Fälle sonstigen Personen (bei Familienstiftungen 0%). In 6% der Fälle (bei Familienstiftungen 7%) enthält die Stiftungsurkunde keine Regelung zur Namhaftmachung des Stiftungsprüfers.
Bei meiner Untersuchung bin ich auf eine einzige Privatstiftung, in der ein Aufsichtsrat vorhanden ist, gestoßen. Dies entspricht 0,4% der untersuchten Privatstiftungen. Nach Auskunft der Compass-Verlag GmbH besitzen …% aller österreichischen Privatstiftungen einen Aufsichtsrat.
Gemäß § 14 Abs 2 PSG können die Stifter „weitere Organe zur Wahrung des Stiftungszwecks vorsehen“. Deshalb zielte die Untersuchung der Stiftungsurkunden auch darauf ab, ob in der jeweiligen Stiftung ein Beirat oder ein anderes Organ, wie zum Beispiel ein Begünstigtenausschuss oder eine Begünstigtenversammlung, vorgesehen ist.
In 70% der Fälle (bei Familienstiftungen 70%) sieht die Stiftungserklärung die Einrichtung eines Beirates oder eines ähnlichen Organes vor. Als Bezeichnungen für dieses Organ werden folgende Ausdrücke verwendet:
In 43% der Fälle (bei Familienstiftungen 46%) wird der Beirat bzw. das Organ von Begünstigten beschickt; in den anderen Fällen ist dies in der Stiftungsurkunde nicht erwähnt.
Wenn die Stiftungsurkunde die Bestellung der Beiratsmitglieder regelt, sind folgende Bestellmodalitäten anzutreffen:
Weder die Wahl der Beiratsmitglieder durch einen Begünstigtenausschuss noch ein kombinierter Bestellmodus – teilweise Entsendung durch entsendungsberechtigte Begünstigte, teilweise Mehrheitswahl durch die Begünstigten – waren in den Urkunden anzutreffen.
Soweit Stiftungsurkunden einen Beirat vorsehen, ist die Bestellung der Beiratsmitglieder durch das Gericht nur in 2% der Fälle (bei Familienstiftungen 1%) vorgesehen.
91% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 92%) sehen für Beiratsmitglieder keine Altersgrenze vor. In den anderen 9% der Fälle (bei Familienstiftungen 8%) lauten die Altersgrenzen auf Vollendung des
Die Stiftungsurkunden enthalten folgende Befugnisse des Beirates bzw. des anderen Organs:
2% der Stiftungsurkunden sehen die Bestellung von Mitgliedern des Beirats durch das Gericht vor.
Bekanntlich entscheidet über Zuwendungen an Begünstigte der Stiftungsvorstand, sofern die Stiftungsurkunde nicht die Feststellung der Begünstigten einer anderen „Stelle“ (§ 9 Abs 1 Z 3 iVm § 5 PSG) zuordnet.17 Der Stifter kann sich auch selbst als „Stelle“ einsetzen18. Die Stelle ist in ihrer Entscheidung an den Stiftungszweck und an die näheren Regelungen der Stiftungsurkunde gebunden. Sie hat ihre Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. In Ermangelung entsprechender Regelungen in der Stiftungserklärung hat die „Stelle“ im Rahmen des Stiftungszweckes Ermessen. Der Vorstand hat allerdings die Gläubiger-Schutzbestimmung des § 17 Abs 2 PSG einzuhalten.
Ich habe untersucht, wer nach der Stiftungserklärung über Zuwendungen an Begünstigte entscheidet. Dazu die Ergebnisse:
Wenn die Stiftungsurkunde ein Organ nennt, das über Zuwendungen an Begünstigte entscheidet, finden sich zu der Frage, ob diese Organ verpflichtet oder zumindest im Sinne einer „Soll“-Regelung dazu angehalten ist, Zuwendungen an Begünstigte vorzunehmen (bzw ob dies ggf in seinem „Ermessen“ oder „freien Ermessen“ steht), folgende Regelungen:
Bekanntlich lässt das PSG ungeregelt, ob Begünstigte einen (gerichtlich einklagbaren) Anspruch auf Zuwendungen haben. Die Gesetzesmaterialien19 verneinen einen solchen Anspruch; mE könnte und müsste man – wenn der Stiftungszweck auf Versorgung von Begünstigten lautet – einen solchen Anspruch grundsätzlich bejahen, sofern die Stiftungsurkunde nicht explizit das Gegenteil festsetzt.20
Die Untersuchung der Regelungen in den Stiftungserklärungen zeigt folgendes Ergebnis:
6% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 8%) sehen explizit vor, dass die Begünstigten einen Anspruch auf Zuwendungen haben. 31% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 34%) sehen explizit vor, dass die Begünstigten keinen Anspruch auf Zuwendungen haben. In 63% der Fälle (bei Familienstiftungen 58%) bleibt die Frage, ob Begünstigte einen Anspruch auf Zuwendungen haben oder nicht haben, ungeregelt.
Keine der untersuchten Stiftungsurkunden sah vor, dass Begünstigte Anspruch auf eine monatliche/jährliche Zuwendung in bestimmter Höhe oder Anspruch auf eine einmalige Zuwendung haben (das könnte allerdings genausogut in einer Stiftungs-Zusatzurkunde festgesetzt sein).
Einen Anspruch auf Nutzung des Stiftungsvermögens, wie zum Beispiel Wohnung, Haus, u.ä., Jagd oder Sonstiges, sehen die Stiftungsurkunden in 0,7% der Fälle vor.
Dass Begünstigte Anspruch darauf haben, zu Geschäftsführern, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder von Tochter- oder Konzerngesellschaften der Stiftung bestellt zu werden, war in keinem Fall in der Stiftungsurkunde geregelt.
Unabhängig davon, ob den Begünstigten ein (stiftungsrechtlicher) Anspruch auf Versorgungsleistungen zusteht, kann die Stiftung, die das wesentliche Vermögen des Stifters übernommen hat, nach § 1409 ABGB gegenüber den Begünstigten für Unterhaltsleistungen haften, wenn der Stifter gegenüber dem Begünstigten weiterhin unterhaltspflichtig ist.21
Nach Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch ist eine Änderung der Stiftungserklärung durch den/die Stifter gesetzlich nicht vorgesehen, sofern nicht der/die Stifter in der Stiftungserklärung sich deren Änderung vorbehalten hat/haben (§ 33 Abs 2 S 1 PSG). Sollte eine Änderung der Stiftungserklärung wegen Wegfalls eines Stifters, bei mehreren Stiftern mangels Einigkeit oder deswegen nicht möglich sein, weil Änderungen nicht vorbehalten sind, so kann der Stiftungsvorstand unter Wahrung des Stiftungszweckes Änderungen der Stiftungserklärung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vornehmen. Diese Änderung bedarf der Genehmigung des Gerichts (§ 33 Abs 2 PSG).
Die Untersuchung erstreckt sich darauf, wie häufig die Stiftungserklärungen einen Änderungsvorbehalt zu Gunsten des/der Stifter regeln und ob allenfalls der/die Stifter für die Änderung auch die Zustimmung anderer Personen/Organe bedürfen.
In 92% der Fälle (bei Familienstiftungen 93%) haben sich der oder die Stifter vollumfänglich die Änderung der Stiftungsurkunde vorbehalten.
In 1% der Fälle (bei Familienstiftungen 1%) hat sich der/die Stifter die Änderung der Stiftungserklärung nur für bestimmte definierte Bereiche vorbehalten.
Nur in 7% der Fälle (bei Familienstiftungen 6%) wurde die Änderung der Stiftungserklärung nicht vorbehalten.
Wenn es zwei oder mehrere Mitstifter gibt, regeln 31% (bei Familienstiftungen 29%) der Stiftungserklärungen den Änderungsvorbehalt dahin, dass die Stifter die Stiftungsurkunde nur gemeinsam ändern können.
In 15% der Fälle (bei Familienstiftungen 15%) geben die Urkunden das Änderungsrecht allen lebenden Mitstiftern gemeinsam.
In 2% der Fälle (bei Familienstiftungen 2%) sind Minderjährige oder nicht voll Geschäftsfähige von der Mitwirkung an der Änderung ausgeschlossen.
44% (bei Familienstiftungen 46%) der Urkunden regeln, dass, solange ein oder mehrere namentlich genannte(r) Stifter („Erststifter“, „Hauptstifter“) lebt (leben), Änderungen nur durch diese(n) allein vorgenommen werden können.
In 4% der Fälle (bei Familienstiftungen 3%) können Änderungen der Stiftungserklärung durch den Erststifter („Hauptstifter“) gemeinsam mit einem von mehreren weiteren Stiftern vorgenommen werden.
In 0,5% der Fälle (bei Familienstiftungen 0,5%) hat einer der Stifter bei der Entscheidung, ob die Stiftungsurkunde geändert werden soll, ein Dirimierungsrecht.
1,5% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 1,5%) regeln, dass Änderungen von der Mehrheit der lebenden Stifter vorgenommen werden können.
16% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 17%) enthalten die Anordnung, dass – auch wenn alle übrigen Stifter verstorben sind – der letzte Stifter die Stiftungsurkunde allein ändern kann.
In einem Fall 0,5% (bei Familienstiftungen 0,5%) wurde geregelt, dass die Änderung der Stiftungsurkunde der Zustimmung der betroffenen Begünstigten bedarf, wenn ihnen die Begünstigung entzogen werden soll.
In 40% der Fälle (bei Familienstiftungen 40%) gab es andere Regelungen zur Änderung der Stiftungserklärung.22
Dazu siehe auch nachfolgend.
In 13% der Fälle (bei Familienstiftungen 12%) ist die Änderung der Stiftungserklärung von der Mitwirkung/Zustimmung eines zweiten Organs, wie zum Beispiel des Stiftungsvorstandes oder Beirates, abhängig.
Bekanntlich kann bzw. können der/die Stifter die Privatstiftung nur dann widerrufen, wenn er/sie sich den Widerruf in der Stiftungserklärung vorbehalten hat/haben. Für juristische Personen als Stifter – die Judikatur23 hat dies auch auf eingetragene Personengesellschaften erweitert – kann ein Widerruf nicht vorbehalten werden (§ 34 PSG).
Der Vorbehalt des Widerrufs der Privatstiftung hat erbrechtliche Auswirkungen. Er kann aber auch Auswirkungen entfalten, wenn – was die Judikatur24 zulässt – sich ein Gläubiger des Stifters das Recht zum Widerruf pfänden und überweisen lässt und dann anstelle des Stifters den Widerruf der Privatstiftung ausspricht. Möglicherweise hat der Widerrufsvorbehalt auch Auswirkungen bei der nachehelichen Vermögensaufteilung zwischen dem Stifter und seinem Ehegatten, was die Bemessung des ehelichen Zugewinns betrifft.25
59% der untersuchten Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 63%) enthalten einen Widerrufsvorbehalt für den/die Stifter.
Bei Stiftermehrheit haben nach dem Gesetz26 die Stifter den Widerruf einstimmig zu beschließen. Allerdings kann das Recht zum Widerruf einem von mehreren Stiftern allein eingeräumt oder auch einem Mehrheitsbeschluss vorbehalten werden. Dies wirft auch Fragen des Gleichbehandlungsgebots und der Treuepflicht auf.27
In 43% der Fälle (bei Familienstiftungen 42%) kann der Widerruf durch einen Stifter allein ausgesprochen werden. Wenn es drei oder mehrere Stifter gibt, kann in 18% der Fälle (bei Familienstiftungen 18%) der Widerruf durch zwei oder mehrere Stifter, die nicht sämtliche Stifter sind, ausgesprochen erklärt werden.
Den Fall, dass einzelne Stifter verstorben sind, regeln 37% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 37%) in Bezug auf das Widerrufsrecht dahin, dass der Widerruf durch den/die überlebenden Mitstifter ausgesprochen werden kann.
43% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 43%) enthalten sonstige Regelungen.28
In 5% der Fälle (bei Familienstiftungen 6%) ist der Widerruf der Stiftung durch den/die Stifter von der Zustimmung des Vorstandes, in 3% der Fälle (bei Familienstiftungen 2%) von der Zustimmung des Beirates, in 1% der Fälle (bei Familienstiftungen 1%) von der Zustimmung des Vorstandes und des Beirates abhängig. In 1% der Fälle (bei Familienstiftungen 0%) verweisen die Stiftungsurkunden auf die Stiftungszusatzurkunde.
1 % (bei Familienstiftungen 1%) regeln das Widerrufsrecht dahin, dass – wenn nur ein Stifter überleben sollte – der überlebende Stifter für den Widerruf der Stiftung die Zustimmung des Vorstandes benötigt.
Letztbegünstigter ist derjenige, dem ein nach Abwicklung der Privatstiftung verbleibendes Vermögen zukommen soll (§ 6 PSG). § 36 Abs 4 PSG enthält eine gesetzliche (Zweifels-) Regelung, die abweichende Bestimmungen der Stiftungserklärung zulässt.
51% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 52%) enthalten zur Frage, wer Letztbegünstigter ist, keine Regelung. In 32% der Fälle (bei Familienstiftungen 33%) war geregelt, dass die zuletzt begünstigten Personen auch Letztbegünstigte sind. In 14% (bei Familienstiftungen 11%) wurden andere Personen oder Stellen als Letztbegünstigte eingesetzt.
3% der Stiftungserklärungen (bei Familienstiftungen 4%) verweisen auf die Stiftungszusatzurkunde.
Gemäß § 9 Abs 1 Z 6 PSG hat die Stiftungserklärung jedenfalls die Angabe zu enthalten, ob die Privatstiftung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit errichtet wird. Dazu hat die Untersuchung ergeben:
94% der Stiftungen (bei Familienstiftungen 95%) sind auf unbestimmte Zeit errichtet.
5% (bei Familienstiftungen 3%) sind auf eine kalendermäßig oder nach Jahren bestimmte Dauer errichtet.
In 1% der Fälle (bei Familienstiftungen 2%) richtet sich die Dauer nach dem Ableben einer namentlich genannten Person.
Zur Frage, ob die Versorgung von Begünstigten der „überwiegende Zweck“ der Stiftung ist und sich daraus implizit eine Befristung der Stiftung auf 100 Jahre ergibt, siehe dazu die Ausführungen oben zu Punkt C.5.
In 3% der Fälle (bei Familienstiftungen 3 %) regelt die Stiftungsurkunde Gründe für die vorzeitige Auflösung der Privatstiftung durch den/die Stifter, insbesondere dahin,
In 51% der Fälle (bei Familienstiftungen 53%) enthält die Stiftungsurkunde eine Regelung über die Auflösung der Privatstiftung durch den Vorstand aus besonderen Gründen. Meist handelt es sich um Verweise auf § 35 PSG oder darauf, wenn die Stiftung ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann.
13% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 14%) sehen die Zulässigkeit von Substiftungen vor. In 5% der Fälle (bei Familienstiftungen 5%) wird explizit auch die Beteiligung der Stiftung an anderen Stiftungen als Mitstifter zugelassen.
7% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 6%) lassen die Zuwendung von Vermögen der Stiftung an andere Stiftungen explizit zu.
1,1% der Stiftungsurkunden (bei Familienstiftungen 1,3%) sehen auch sonstige Formen der „Spaltung“ oder „Realteilung“ der Stiftung unter den Begünstigten vor.
In einem Fall (= 0,4%) wird ausdrücklich die Errichtung von Substiftungen erwähnt, falls es zwischen den Begünstigten unterschiedliche Vorstellungen über die Verwaltung des Stiftungsvermögens gibt.
In keiner einzigen der untersuchten Urkunden fanden sich Vorschlagsrechte der Begünstigten bei der Vermögensveranlagung durch die Stiftung.
Eine „Profit-Center-Regelung“ oder eine Regelung dahin, dass bestimmte Begünstigte Zuwendungen aus den Erträgnissen bestimmter ihnen rechnerisch zugeschriebener Vermögenswerte und andere Begünstigte Erträgnisse anderer Vermögenswerte der Stiftung erhalten sollen, fanden sich nur in einer einzigen Stiftungsurkunde (0,4%).
Derartige Regelungen sind allerdings erfahrungsgemäß eher in Stiftungszusatzurkunden im Zusammenhang mit dem Anspruch und dem Umfang der Zuwendungen an Begünstigte enthalten.
93% der Stiftungserklärungen (bei Familienstiftungen 97%) sehen die Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde vor oder lassen diese zu.
Von Interesse ist auch, wie oft die Stiftungserklärung und die Stiftungszusatzurkunde seit Errichtung der Stiftung geändert wurden. Denn dies zeugt davon, wie schwer es ist, Regelungen zu verfassen, die den künftigen Erfordernissen und Bedürfnissen der Stiftungsbeteiligten sowie den Änderungen des Umfelds, der Wirtschaft, der Ertragsfähigkeit des der Stiftung gewidmeten Vermögens und auch der schwer vorhersehbaren Rechtsprechung ausreichend Rechnung tragen, also künftige Problemstellungen zu antizipieren und sachgerecht zu regeln:
Aufgrund dieser Unvorhersehbarkeit der Zukunft und der künftigen Erfordernisse kann man feststellen, dass bei vielen Stiftungen innerhalb weniger Jahre und Jahrzehnte eine beträchtliche Anzahl an Änderungen der ursprünglichen Stiftungsurkunden und Stiftungszusatzurkunden erfolgt ist.
Die Untersuchung zeigt folgende Zahl an Änderungen der Stiftungserklärungen:
Stiftungszusatzurkunden wurden mit folgender Häufigkeit geändert:
Im Spitzenfeld der Änderungen liegt – wie bereits in meinem Aufsatz „30 Jahre Privatstiftungen“29 erwähnt – die Karl Wlaschek Privatstiftung mit zehn (!) Änderungen der Stiftungsurkunde und 19 (!) Änderungen der Stiftungszusatzurkunde innerhalb von zwanzig Jahren.